Objekt des Monats

Der Elefantenschädel

Der Schädel des Afrikanischen Elefanten in frontaler und ventraler Ansicht neben den Zeichnungen des Objekts, die Johann Christian Wilhelm Waltz (1766-1796) auf Veranlassung von Goethe hergestellt hat (Zusammenstellung: Bernhard-Leopold Bock)

Zu der neuen Goethe-Ausstellung der Universität Jena gehört auch ein Elefantenschädel. Es ist der Schädel eines afrikanischen Elefanten aus dem 17. Jahrhundert, den Goethe untersucht hat.

Goethe hatte großes Interesse an Naturwissenschaften.

Doch wie kam der Schädel in die Sammlung?

Herzog Wilhelm Ernst legte 1700 die Weimarische Kunstkammer an. Es gelang ihm, bedeutende Stücke aus einer Sammlung von Christian Lorenz von Adlershelm zu erwerben. Adlershelm hatte die Sammlung in Leipzig aufgebaut. Nach seinem Tod wurden die Stücke verkauft. Darunter war der Schädel eines ausgewachsenen afrikanischen Elefanten. Schon in Leipzig war das Interesse an dem Schädel groß. Um 1780 kam der Schädel nun aus der Kunstkammer in Weimar an die Universität nach Jena. Er wurde in der Sammlung der Säugetiere gezeigt und stand erhoben in der Raummitte.

In einem Brief an Johann Heinrich Merck wünscht ihm Goethe einen solchen Schädel für seine Forschung. Zu dieser Zeit ist Goethe mitten in wissenschaftlichen Studien: Er vergleicht Schädel von Tieren und Menschen miteinander. Kurze Zeit später erkennt er, dass der Zwischenkieferknochen Mensch und Tier anatomisch nicht unterscheidet. Das heißt, dass Menschen und Tiere ihn besitzen. Er kann nicht als Unterscheidungsmerkmal verwendet werden. Die Erkenntnis teilt er Johann Gottfried Herder beglückt mit.

Ab Anfang Juli 2024 eröffnet die neue Dauerausstellung. Sie heißt: „Bewegliche Ordnung“. Besucher können den Entdeckungsprozess und die wissenschaftliche Ausarbeitung verfolgen. Aber sie können auch die Schädelknochen so betrachten, wie Goethe das getan hat. Und dazu die Herausbildung der anatomischen Strukturen studieren. Bei einem alten afrikanischen Elefanten sind die Kieferknochen miteinander verwachsen, beim jungen indischen Elefanten treten sie noch getrennt hervor.

Goethe erkennt: Anatomische Strukturen sind also beweglich auf eine eigene Art und Weise.

 

Dr. Helmut Hühn

 

Übertragung in Einfache Sprache | Evangelische Stiftung Neinstedt | Fachzentrum für Leichte Sprache

 

Literatur:

 

Johann Wolfgang von Goethe: Bedeutende Fördernis durch ein einziges geistreiches Wort. In: Ders.: Sämtliche Werke I, Bd. 24: Schriften zur Morphologie, hrsg. von Dorothea Kuhn. Frankfurt am Main: Klassiker Verlag 1987, S. 595-599 

 

Bernhard-Leopold Bock, Martin Fischer, Helmut Hühn: »Der größte Elephantenschädel, den das Museum zu Jena besitzt«. Erscheint im Frühjahr 2025 in: Helmut Hühn, Margrit Wyder (Hrsg.): »Bewegliche Ordnung«. Goethes Morphologie und Metamorphosenlehre. Göttingen: Wallstein 2025 (in Vorbereitung).