Objekt des Monats

Richard Semon and the forgotten M[n]eme

Titelblatt von Richard Semons Werk über die Mneme (Scan ThULB)

Richard Semon und seine Meme

Im Objekt des Monats April geht es um den Begriff: Memes.
Es wird so gesprochen: mihms.
Die Einzahl lautet: Meme.
Und das wird so gesprochen: mihm.
Es bedeutet: etwas nach-machen.

1904 erschien ein Buch mit dem Titel: Die Mneme.
Autor ist der Zoologe Richard Semon.
Er war über 10 Jahre an der Universität Jena tätig.
Und er forschte und schrieb über Vererbung.
In dem Buch schreibt er darüber,
wie Erlebnisse im Gehirn gespeichert werden.
Dafür hat er das Wort Mneme erfunden.
Ein Exemplar des Buches befindet sich heute in der
Thüringer Universitäts- und Landes-Bibliothek in Jena.
Die Abkürzung ist ThULB.
Dieses Buch hat Ernst Haeckel der ehemaligen Bibliothek
des Zoologischen Instituts geschenkt.
Ernst Haeckel war ein berühmter Wissenschaftler.
Er lebte vor über 100 Jahren in Jena.

1979 wurde der britische Biologe Richard Dawkins
mit einem Buch bekannt.
Der Titel lautet: Das egoistische Gen.
Egoistisch bedeutet ich-bezogen oder selbst-süchtig.
Ein Gen ist ein Teil vom Erbgut einer Zelle.
Es besitzt Informationen für ein bestimmtes Merkmal.
Zum Beispiel: die Blut-Gruppe oder die Körper-Größe.
In seinem Buch geht es darum,
dass Gene egoistisch sind.
Sie stellen ihr eigenes Überleben über
das Überleben von anderen Genen.

Dawkins verwendet in seinem Buch das Wort Memes.
Er beschreibt sie als eigenständige Dinge.
Menschen geben sie durch Nach-machen weiter.
Sprechen und hören, lesen und schreiben sind
wichtige Techniken der menschlichen Entwicklung.
Dadurch können Menschen viele Erfahrungen sammeln.
Und an die Nachkommen weitergeben.
Andere Lebewesen können das nicht.

Scott Elliott Fahlman ist Professor für Informatik in den USA.
Er nahm am 19. September 1982 an einer Veranstaltung teil.
Und hat dort eine elektronische Nachricht geschrieben.
Er wollte ernste und witzige Beiträge voneinander unterscheiden.
Dabei hat er diese Zeichen verwendet   :-)
Es bedeutet ein lächelndes Gesicht von der Seite aus.
Wenn man den Kopf dreht, kann man es besser erkennen. Das ist auch als das 1. Internet-Meme bekannt.

Heute sind Memes Fotos oder Videos.
Sie machen sich über eine Alltags-Situation lustig.
Dazu gibt es noch einen kurzen, witzigen Text.
Und dann wird es zusammen auf Social Media geteilt.
Das ist englisch und heißt: soziale Medien.
Das sind zum Beispiel Twitter oder Facebook.
Und sie verbreiten sich ganz schnell im Internet.
Die Ideen der Memes werden oft nach-gemacht.
Auch ohne Einverständnis der Person,
die es sich als 1. ausgedacht hat.
Deshalb spricht man auch von
Entführung oder Raub der Ideen.
Das englische Wort dafür ist: gehijacked.
Es wird so gesprochen: gehei-tschecked.

Die Ideen von Semon und Dawkins sind sehr ähnlich.
Vielleicht kannte Dawkins auch die Arbeiten von Semon.
Aber er ist in seinem Buch nicht darauf eingegangen.
Deshalb gilt Dawkins als der Erfinder des Meme.
Semon und Dawkins haben nicht zur gleichen Zeit gelebt.
Es liegen 70 Jahre dazwischen.
Und die Begriffe unterscheiden sich in einem Buchstaben: n.
Mneme und Meme.
Dawkins hat 2013 gesagt,
dass die Idee der Memes gehijacked wurde.
Also entführt wurde.

Bernhard Leopold Bock

Übertragung in einfache Sprache durch das Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda e. V. / Büro leichte Sprache

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