Objekt des Monats

Der Kobold im Pfarrhaus von Gröben

Titelseite des Drucks „Unterricht Wie man Gespenster und Gespenster=Geschichte prüfen soll: gewiesen, Durch nöthige Interrogatoria Zu dem Zeugnüsse der reinen Wahrheit Herrn Jeremias Heinischen, Predigers zu Gröben, Von den Würckungen eines so genannten Kobolds in der Pfarr=Wohnung daselbst. Raptim: 1723“

Glauben wir an Gespenster und Kobolde? Gibt es sie wirklich?
Das fragte sich auch die Familie von Pfarrer Jeremias Heinisch.
Die Familie lebte im Pfarrhaus in Gröben.
Gröben ist ein Dorf in der Nähe von Jena.
Im Pfarrhaus hatte es schon mal gespukt. Doch am 17. Juni 1718 wird alles anders.
Es fliegen Steine auf das Stalldach. Ein Steinwerfer ist aber nirgends zu sehen.
Steine fliegen auch vom Boden hoch und um die Ecke.
Und im Haus passiert Unheimliches.
Jeremias Heinisch sucht Hilfe beim Theologen Johann Franz Buddeus.
Theologen beschäftigen sich mit Schriften über Gott.
Und er schreibt anderen Gelehrten Briefe. Ohne Erfolg. Keiner kann helfen.

Es wird immer schlimmer. Dinge fliegen. Fenster, Töpfe und Schüsseln gehen kaputt.
Milch und Bier werden schlecht. Die Angst wird größer.
Die Ehefrau und das Baby werden krank. Sie verlassen das Haus.
Einmal kommen Studenten aus Jena. Sie wollen den Spuk anschauen und machen sich lustig.
Sie werden mit einem Steinwurf vertrieben. Der letzte Stein fliegt am 8. September. Dann ist Ruhe.

Für Pfarrer Heinisch hat ein Kobold Schuld.
Er verteidigt seine Meinung gegenüber Zweifelnden.
Das steht 1723 in einer Jenaer Schrift.
Die Universitäts- und Landesbibliothek Jena besitzt diese Schrift zweimal.

Es erscheint auch eine Kritik mit 80 Seiten.
Auch sie liegt in der Jenaer Bibliothek.
Der Verfasser nennt seinen Namen nicht.
Der Unbekannte schreibt, er hat an der Universität J. die Lehre von Gespenstern studiert.
Später heißt es, der Verfasser heißt Christian Thomasius und kommt aus Halle.
Doch ob das richtig ist, ist nicht bekannt.

Auf der ersten Seite steht, welchen Titel die Schrift hat.
Zu sehen sind auch zwei Kupferstiche.
Ein Kupferstich ist eine Drucktechnik.
Die Bildlinien werden in eine Platte aus Kupfer geritzt.

Dort sieht der Steinwurf auf den Stall wie eine Täuschung aus.
Der Druckort heißt Raptim. Doch diesen Ort gibt es nicht.
Raptim ist lateinisch und heißt: in Eile.
Dazu gibt es eine lustige Geschichte, dass ein General den Ort auf einer Landkarte suchte, natürlich vergeblich.

Der Unbekannte schreibt zuerst über die Bedeutung der Wahrheit.
Dann geht es um Gruselgeschichten in der Erziehung von Kindern.
Und über Spuk aus seiner Kindheit.
So hat er gelernt, Dinge zu erklären, und seine Furcht verloren.
Denn für alles gibt es eine harmlose Ursache.
Dann schreibt er über den Text von Pfarrer Heinisch.
Er schreibt, was er anders sieht.
Und er verlangt vom Pfarrer eine Antwort.

Hat Pfarrer Heinisch darauf reagiert? Er lässt seine Schrift später noch einmal drucken.
Aber die Kritik des Unbekannten nennt er dort nicht.

Dr. Joachim Ott, Leiter der Abteilung Historische Sammlungen der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena

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