Objekt des Monats

Eine Zauberschale aus der Hilprecht-Sammlung

Die Zauberschale Inv.-Nr. HS 3034 aus der Hilprecht-Sammlung (Foto: Hannah Bayer)

Zur Hilprecht Sammlung in Jena gehören auch ungefähr 65 Zauberschalen und Scherben von Zauberschalen. Es sind Fundstücke mit großer Bedeutung.

Die Universität von Pennsylvania in den USA machte Ausgrabungen. Das war um 1900 in der antiken Stadt Nippur. Das ist im heutigen Irak. Der Leiter der Ausgrabungen hieß Hermann Hilprecht. 1925 gab er Teile der Fundstücke an die Universität Jena. Dabei waren auch Zauberschalen.

Die Zauberschalen sind aus dem 4. bis 7. Jahrhundert nach Christus. Der Zeitraum heißt Sassanidische Periode. Die Sassaniden waren eine bedeutende Großmacht. Auf den Zauberschalen sind Beschwörungen gegen Dämonen. Die Beschwörungen sind in aramäischer Sprache geschrieben. Auf dieser Zauberschale sind es Beschwörungen gegen die Dämonin Halbas-Lilit.

Diese Zauberschale hat einen Durchmesser von 15 cm und ist 6 cm hoch. Ein großer Teil der Schale fehlte. Er wurde aber rekonstruiert. Das bedeutet: Das fehlende Stück wurde nachgebaut. Der Text ist in Form einer Spirale geschrieben. Der Text beginnt am Boden der Schale und reicht bis an den Rand.

In der Mitte der Schale ist die Dämonin Halbas-Lilit abgebildet. Ein runder Oberkörper mit Flügeln bildet den Mittelpunkt. Er ist umgeben von Kreisen. Der Hals der Dämonin ist lang mit einem kleinen Kopf. Die Haare sind lang und zerzaust. Sie streckt die Arme aus. Die Füße sehen gefesselt aus.

Damals machten die Menschen die Dämonin Halbas-Lilit verantwortlich für die hohe Kindersterblichkeit. Die Beschwörung zeigt, wie grausam die Dämonin zu den Kindern ist. Sie reißt Kinder von ihren Müttern weg. Die Kinder werden geschlagen, gewürgt und verschlungen. Die Schale soll eine Mutter und ihren Sohn Abraham schützen. Deshalb ist am Ende der Beschwörung der Zweck klar erkennbar. Dort heißt es:

Ich schicke dich aus den Häusern und aus den Wohnungen und aus den Körpern der Mama und des Abrahams, ihres Sohns. Brich aus, geh hinaus und fliehe.

Zauberschalen wurden umgedreht. Die Innenseite zeigte nach unten. Die Zauberschalen wurden unter Fußböden und Türschwellen vergraben. So sollten sie, wie eine Mausefalle, die Dämonen einfangen und von den Häusern fernhalten. Denn die Menschen glaubten, dass Dämonen von unten aus der Erde kommen.

Soobin Jeong, Marie Young

Übertragung in Einfache Sprache | Evangelische Stiftung Neinstedt | Fachzentrum für Leichte Sprache

Literatur:

Ford, James Nathan, and Matthew Morgenstern, Aramaic Incantation Bowls in Museum Collections, Leiden: 2019.

Müller-Kessler, Christa, Die Zauberschalentexte in der Hilprecht-Sammlung, Jena, und weitere Nippur-Texte anderer Sammlungen, Wiesbaden: 2005.

Müller-Kessler, Christa, Lilit(s) in der aramäisch-magischen Literatur der Spätantike: Teil I: Wüstenbeherrscherin, Baum-Lilit und Kindesräuberin, Altorientalistische Forschungen 28, 2001, 338-352.

Müller-Kessler, Christa, The Story of Bguzan-Lilith, Daughter of Zanay-Lilith, Journal of the American Oriental Society 116, 1996, 185-195.