Object of the month

Haeckel auf Pflanzenjagd

Aus den Sammlungen des Ernst-Haeckel-Hauses: Botanisiertrommel, um 1850
(Foto Gunnar Brehm)

Wer um 1851 die Umgebung von Merseburg durchwanderte, traf mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Gruppe von vier seltsam ausgerüsteten Gymnasiasten des Domgymnasiums. Dieses „Botanische Kleeblatt“ ging regelmäßig auf Pflanzenjagd, allen voran ein junger Mann mit langen blonden Haaren – Ernst Haeckel. Schon als Schüler hatte der berühmte Jenaer Naturforscher und Evolutionsbiologe eine klare Vorstellung von seiner Zukunft.

Nach dem Abitur wollte er Botanik bei Matthias Jakob Schleiden in Jena studieren, dessen Buch Die Pflanze und ihr Leben er beinahe auswendig kannte. Anschließend sollte es „weit, weit in die Welt hinaus“ gehen, am besten in unerforschte Tropenländer. Seine drei Freunde Wilhelm Hetzer, Ernst Weiß und Victor Weber, waren ebenso begeisterte Botaniker. Zusammen unternahmen sie meist tagelange Exkursionen. Nur Haeckels Eltern teilten den Enthusiasmus ihres Sohnes nicht, wenn er mit reicher Pflanzenausbeute, aber zerrissenen Hosen und geschundenen Füßen nach Hause kam und sich dann noch stundenlang mit seinen Pflanzen beschäftigte, die bestimmt, gepresst und geordnet werden mussten. Dieser „philiströse, stubenhockende Pflanzenmensch“ und „Heusammler“ passte nicht recht in den wohlgeordneten Haushalt eines preußischen Oberregierungsrats. Doch Haeckel ließ sich nicht beirren! Am Ende seiner Schulzeit 1852 hatte er ein umfangreiches Herbarium zusammengetragen: „12 etwa 1 Fuß dicke Foliobände, meinen ganzen materiellen Reichthum, sehr schön und gut geordnet.“Damit die Pflanzen unterwegs nicht vorzeitig verdarben, mussten sie vor Austrocknung und Zerdrücken bewahrt werden. Dazu diente die „Botanisiertrommel“, eine zylindrische Blechbüchse, die man mit einem Gurt bequem über der Schulter tragen konnte. An der Seite besaß sie eine verschließbare Öffnung, durch die Pflanzen eingelegt und entnommen wurden. Manche Botanisiertrommeln waren sogar in mehrere Fächer unterteilt.

Botanisiertrommeln gehörten mit Pflanzenpresse, Spaten und Messer im 19. Jahrhundert zur Grundausstattung eines jeden Botanikers. Heute sind sie allenfalls Nostalgieobjekte. An ihre Stelle sind Kunststoffbeutel getreten, die die Pflanzen effektiver schützen. Haeckels Botanisiertrommel hat die Zeiten im Ernst-Haeckel-Archiv Jena überdauert. Aus dem ambitionierten „Heusammler“ wurde später ein ebenso begeisterter Zoologe, den es auf seinen zahlreichen Reisen dann „weit, weit in die Welt hinaus“ zog.

Botanisiertrommel, ca. 1850, Metall lackiert, Leder
Inv. Nr. D5_0062

Die Botanisiertrommel von Haeckel ist noch bis zum 26. August in der Sonderausstellung "Duftspuren" im Phyletischen Museum der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu sehen. 

Dr. Jens Pahnke, Ernst-Haeckel-Haus Jena