Object of the month

Gemünztes Image. Machtansprüche auf einer osmanischen Münze

Aus dem Orientalischen Münzkabinett:
Goldmünze, Osmanen, Istanbul/Konstantinopel (Islāmbūl), 1143 AH/1730 AD
(Foto Josef Jeschke)

Diese Goldmünze ist auf das erste Regierungsjahr Sultans Maḥmūd I (reg. 1730 bis 1754) datiert und gibt als Münzstätte Islāmbūl an. Mit Islāmbūl ist das alte Konstantinopel gemeint. Sein heutiger Name Istanbul leitet sich vom griechischen s-ten poli(n), „in die Stadt“, ab und war so oder in ähnlicher Form schon seit dem 10. Jahrhundert in Gebrauch.

Konstantin gab „seiner“ Stadt mit ihrer Einweihung im Jahr 330 einen dezidiert christlichen Charakter. Obwohl die Stadt über Hippodrom, Forum und kolossale Kaiserstatue verfügte, prägte doch vor allem das als Apostel-Kirche angelegte Mausoleum die neue Metropole des Römischen Reiches. Für die christlichen Kaiser war Konstantinopel keine reine Residenzstadt, sondern das Zentrum der christlichen Welt.

Die Bedeutung Konstantinopels für das christliche Selbstverständnis zeigte sich auch, als Meḥemmed II Fātiḥ, „der Eroberer“ (reg. 1450-1481), diese letzte Bastion des Römisch-Byzantinischen Reiches einnahm, ihr den Namen Islāmbūl gab. Das Zweite Rom sollte von nun an die „Stadt des Islam“ sein. Doch dieser Anspruch wurde  lange nicht Realität. Allgemein wurde die Stadt weiterhin Istanbul genannt und selbst die osmanischen Verwaltung und Münze verwendete mit Qunsṭanṭīniyya den arabischen Namen Konstantinopels.

Dass Maḥmūd auf Münzen nun die Prägestätte Islāmbūl angeben ließ, war weniger die Folge einer Islamisierung des kosmopolitischen Istanbuls sondern Maḥmūds Biographie geschuldet. Sein Onkel Aḥmad III (reg. 1703-1730) hatte Maḥmūd 27 Jahre unter Hausarrest gestellt. Nachdem 1730 eine Revolte Aḥmad zur Abdankung gezwungen hatte, kam Maḥmūd an die Macht. Er musste seine neue Position jedoch gegen weitere Revolten und Intrigen verteidigen. Auch außenpolitisch stand das Osmanische Reich unter Druck. Im Osten stellte der Iran Gebietsansprüche und im Norden und Westen brach Krieg gegen eine habsburgisch-russische Koalition aus. Die Konflikte sollten auch eine religiöse Dimension bekommen. Während der Iran forderte, dass die Zwölfer Schia im Iran als Konfession (maḏhab) anerkannt wird, erstarkte ab den 1740er in Zentralarabien der wahhābitische Islam. Die religiöse Komponente mag Maḥmūd dazu bewegt haben, den islamischen Charakter seiner Herrschaft durch die Münzstätte Islāmbūl zu betonen. Damit beanspruchte Maḥmūd den Islam für seine Herrschaft und die Stadt für den Islam.

Obwohl Maḥmūd aller Konflikte Herr werden sollte, hinterließ er dem Reich eine schwere Hypothek. Um Frieden mit den Habsburgern zu schließen, sah er sich gezwungen die französischen Handelsprivilegien auszuweiten. Das Handelsdefizit, welches derartige Abkommen verursachten, führte letztlich dazu, dass der „kranke Mann vom Bosporus“ 1875 den Staatsbankrott erklären musste.

Goldmünze, Osmanen, Istanbul/Konstantinopel (Islāmbūl), 1143 AH/1730 AD,
Gewicht: 1,11 g
Inventarnr.: OMJ-449-A01

Diese Münze und weitere Objekte des Orientalischen Münzkabinetts sind noch bis April 2019 in der Sonderausstellung zu den „Vorläufern“ der industriellen Teppichproduktion in den Museen Schloß Voigtsberg zu sehen. 

Josef Jeschke