Object of the month

Zoologe oder doch lieber Botaniker?

Aus dem Herbarium Hausknecht:
Herbarbeleg Ernst Haeckels vom Sägetang (Fucus serratus L.)

Ernst Haeckel (1834–1919) war nicht nur ein berühmter Zoologe, sondern seit seinem sechsten Lebensjahr auch ein begeisterter Botaniker. Ursprünglich wollte er sogar Botanik bei Matthias Jakob Schleiden in Jena studieren, fügte sich jedoch dem Wunsch des Vaters und studierte von 1852 bis 1857 in Berlin und Würzburg Medizin. Während die Medizin ein ungeliebtes Studium für den Brotberuf blieb, entsprachen die botanischen und zoologischen Lehrveranstaltungen seinen wirklichen Neigungen. Dabei träumte er von einer botanisch-zoologischen Tropenreise, die er nach dem Studienabschluss als Arzt unternehmen wollte, um dann einen Berufsweg als Biologe einzuschlagen. Allerdings konnte sich Haeckel anfangs nicht entscheiden, ob er lieber Botaniker oder Zoologe werden sollte. Vom 17. August bis 17. September 1854 unternahm er seine erste Studienreise auf die Nordseeinsel Helgoland. Dort sammelte er eine große Anzahl von Meerestieren und legte den Grundstock für seine zoologische Sammlung. Auch die geliebte Botanik kam nicht zu kurz: „Dagegen will ich in der kommenden letzten Woche mich noch hauptsächlich mit Algen beschäftigen, wovon ich schon einen tüchtigen Stoß gesammelt habe. Mit solchen Beschäftigungen vergeht mir hier die Zeit ich weiß nicht wie.“, Brief an die Eltern vom 10. September 1854 (Ernst-Haeckel-Archiv Jena, A 37502). Haeckel entschied sich allerdings unter dem Eindruck der reichen Meeresfauna für die Zoologie und gab die Botanik als professionelles Ziel schließlich auf.

Auf seinen zahlreichen Reisen sammelte er trotzdem weiterhin Pflanzen, die er akribisch in einem umfangreichen Herbarium ordnete. Im Juni 1912 schenkte er seine auf etwa 12.000 Herbarbelege angewachsene Sammlung dem Herbarium Haussknecht (Friedrich-Schiller-Universität Jena). Auch die Helgoländer Algen fanden Eingang in die 3,5 Millionen Belege des Herbarium Haussknecht, das heute zu den 20 bedeutendsten Herbarien weltweit zählt.

Der im Nordatlantik verbreitete Sägetang (Fucus serratus L.) wurde bereits von Carl von Linné (L.) im Jahre 1753 für die Wissenschaft beschrieben. Es handelt sich um eine mehrjährige Braunalge (Phaeophyceae) von circa 30 cm Länge, die an der Basis eine Haftscheibe besitzt und auf dem felsigen Untergrund als sogenannter Lithophyt wächst. Im Watt des Buntsandsteinfelsens von Helgoland ist der Sägetang häufig. Der Name bezieht sich auf die scharf gesägten Lappenränder. Auf Haeckels Exemplar sind neben den Resten anderer Bewohner auch Kalkröhren von Posthörnchenwürmern, vermutlich von Spirorbis spirorbis (LINNAEUS, 1758), zu sehen. Die zu den Kalkröhrenwürmern (Familie: Serpulidae RAFINESQUE, 1815) zählenden Tiere leben festsitzend auf dem Sägetang und sind Teil eines artenreichen Mikrohabitats. Sie scheiden Kalk in Form einer im Uhrzeigersinn gedrehten Röhre aus, aus der ihre Tentakelkrone ins Wasser ragt. So können sie organische Partikel aus dem Meerwasser filtern. Eine Tentakel ist zu einem Deckel umgewandelt, mit dem die Röhre bei Ebbe verschlossen werden kann.

Fucus serratus L. (Sägetang)
Herbarbogen, 478 mm x 283 mm
Inventarnr.: JE08001999

Die von Haeckel gesammelte Braunalge ist noch bis zum 26. August in der Sonderausstellung "Duftspuren" im Phyletischen Museum der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu sehen. 

Dr. Jörn Hentschel, Herbarium Haussknecht Jena
Dr. Jens Pahnke, Ernst-Haeckel-Haus Jena