Object of the month

Vor Hundert Jahren: Ernst Haeckel und Ernst Körner

Farbiges Diapositiv von Ernst Haeckel und Ernst Körner | Jena, 25. Juni 1914

Eines von zwei Bildern gleicher Art, welche der Landschaftsmaler Ernst Körner (1846-1927) seinem langjährigen Freund, dem berühmten Jenaer Evolutionsbiologen Ernst Haeckel (1834-1919) an dessen 81. Geburtstag 1915 zum Geschenk machte.

Es handelt sich dabei um zwei farbige, in Holz gerahmte Glasdiapositive mit den Außenmaßen 20,2 x 24,4 cm. Beide Rahmen sind auf der Rückseite mit Haken zum Aufhängen versehen. Einer der beiden Rahmen hat sich an zwei Ecken gelöst. Die Diapositive sind ca. 12 x 17 cm groß. Die Fotoschicht ist zwischen zwei Glasplatten fixiert, welche durch ein umlaufendes Band am Rand miteinander verklebt sind. Die beiden Diapositive sind im Original sehr dunkel und werden erst bei hellem Licht sichtbar. Aus diesem Grund wurde eines der beiden im Durchlicht aufgenommen.

Bei den Bildern handelt es sich nach Körners Angaben um vergrößerte Kopien von Farbaufnahmen im Autochromverfahren nach den Gebrüdern Auguste und Louis Lumière. Körner hatte sich auf Haeckels Anregung hin mit dem Verfahren beschäftigt und offenbar eigenhändig sowohl die Farbplatten als auch die vergrößerten Diapositive hergestellt. Bei dem Verfahren wurde auf die Fotoschicht in aufwändigen Arbeitsschritten ein Raster aus orangerot, grün und violett gefärbten Stärkekörnchen aufgebracht. Durch die farbige Filterung des Lichtes entstand in additiver Mischung das farbige Bild.

Die mikroskopische Vergrößerung  (160-fach) zeigt das für das Autochromverfahren nach Lumière typische Kornrasterschema in den o.g. Farben und gibt damit Indiz für Authentizität der Angaben Körners.

Die Bilder sollten Ernst Haeckel an einen Besuch Körners in Jena am 25.06.1914 erinnern. Dargestellt sind Ernst Haeckel (links sitzend) und Ernst Körner (rechts stehend) auf der Terrasse des Wohnhauses Haeckels, der „Villa Medusa“. Im unteren Bildbereich befinden sich auf beiden Bildern eigenhändige Beschriftungen, welche die Namen der Abgebildeten, sowie das Datum und den Ort der Aufnahme enthalten. Ob es sich dabei um eine Selbstfotografie handelt, oder ob ein Dritter die eigentliche Aufnahme getätigt hat, konnte bislang noch nicht geklärt werden.

Die genannten Hintergründe der Aufnahmen konnten im Rahmen des  Langzeitprojekts zur Edition des Briefwechsels (http://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/) Ernst Haeckels ermittelt werden. Folgende Korrespondenzstücke lassen sich zuordnen:

Ernst Körner an Ernst Haeckel, Brief vom 14. November 1913:

[…] Auf Ihre Anregung habe ich mich mit der Lumiéreschen Farbphotographie eingehend beschäftigt und speziell für Stimmungslandschaften, besonders Sonnenuntergänge dieselbe als sehr nützlich erkannt; weil es erleichtert beim Studium derselben einen bestimmten Moment festzuhalten. Natürlich kann auch diese Photographie, wie jede andre, nur als Ergänzung zu den selbst gemalten Studien einen wirklichen Wert haben. […]

Ernst Körner an Ernst Haeckel, Brief vom 14. Februar 1915

Euer Excellenz

Mein lieber, verehrter Freund!

Zu Ihrem 81 Geburtstage, 3x3x3x3 (wie glücksbringend) möchte ich Ihnen meine aufrichtigen, herzlichen Glückwünsche ausrufen. […] Wie gern denke ich an die schönen Stunden bei Ihnen in Jena zurück, und auch Ihnen macht es vielleicht Freude, wenn ich Ihnen zwei Vergrößerungen nach den farbigen Aufnahmen, welche wir damals machten, zum Geburtstag sende. Ich habe mir selbst das Verfahren der Copie, respective Vergrößerung der farbigen Glasbilder ausprobiert und freue mich, daß es so ziemlich geglückt ist. Natürlich wird das Korn auch mit vergrößert und dadurch etwas störend; aber das muß man in Kauf nehmen! Sie waren der Erste, der mich auf diese Art der Farbphotographie aufmerksam machte, so freue ich mich Ihnen eine Probe meiner Versuche zu schicken. […]

Roman Göbel, Ernst-Haeckel-Haus Jena