Object of the month

Ein Italiener in Jena

Unbekannt: Porträt Carl Caffa, dat. 1676, Öl auf Leinwand H 89 cm, B 70,5 cm
Kustodie (Kunstsammlung) der Universität Jena, InvNr. GP 195 
(Foto: Kustodie/Uni Jena)

Der Porträtierte steht fast frontal vor rotem, gerafftem Vorhang mit Fransen und Zugquaste links vom Kopf. Er hat graue Augen, graues, gewelltes Haupthaar, darauf eine randlose schwarze Kappe. Dazu trägt er einen schwarzen Talar mit dichter Knopfreihe und einen breiten weißen Eckenkragen. Seine rechte Hand ruht auf einer Bibel, die andere Hand hält ein weißes Blatt, auf dem mit schwarzer Schrift geschrieben ist: Carolus Caffa: S[ummae] T[heologiae] D[octor] et L[inguarum] ital[icae] et gall[icae] P[rofessor] P[ublicus] Natus Romae A[nno] 1623 Aetatis suae 53 (Carolus Caffa, Doktor der Philologie, öffentlicher Professor der italienischen und französischen Sprache, geboren 1623 in Roma, im Alter von 53 Jahren)

Die ersten Lehrstühle für Romanistik (wie für andere moderne Philologien) entstanden seit dem frühen 19. Jahrhundert. Dennoch wurde schon zuvor an vielen Universitäten moderner Sprachunterricht erteilt. Als dritte deutschsprachige Universität überhaupt nimmt Jena, wo erstmals 1595 ein Lektor für Italienisch und Tschechisch erwähnt ist, dabei eine Vorreiterrolle ein.

Dem aus Rom stammenden Carlo (latinisiert: Carolus) Caffa kommt dabei eine herausgehobene Rolle zu. 1661 folgten die Nutritoren der Universität einer Empfehlung, Caffa, der gerade zum Luthertum konvertiert war, als Lektor für Französisch und Italienisch, Lector linguae Gallicae et Italicae, einzustellen. Unabhängig von Querelen bezüglich seiner hierarchischen Einordnung in die Fakultät hatte Caffa den Titel eines Professors inne. Zudem war ihm das Privileg zugestanden, von anderen in der Stadt tätigen Lehrern „seiner“ Sprache einen Teil ihrer Einnahmen zu fordern.

Caffa verfasste vielerlei Texte. Außer den philosophischen und theologischen Schriften sind vor allem seine für den Fremdsprachenunterricht der Zeit wichtigen Grammatiken des Französischen und des Italienischen von Bedeutung. (Brevis et ordinata linguae italicae bzw. gallicae directio), die beide bereits 1661 in Jena erschienen. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten kamen Lehrwerke unterschiedlicher Schwerpunktsetzung für beide Sprachen hinzu.  Auch lud Caffa – sozusagen für „Hörer aller Fakultäten“ - an hohen kirchlichen Feiertagen zu auf Französisch und Italienisch gehaltenen Reden über religiöse Themen ein.

Caffa starb 1707 und unterrichtete bis zum Schluss an der Universität Jena, also fast ein halbes Jahrhundert lang. Er ist einer der ersten und am längsten wirkenden Dozenten für neuere Sprachen in der Frühen Neuzeit. Sein Wirken legt Zeugnis davon ab, dass unsere Universität bereits früh modernen Sprachen einen hohen Stellenwert einräumte, und er ist für die weit zurückreichenden Beziehungen zwischen Jena und Italien ebenso beispielgebend wie für die „romanistische“ Fachtradition an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Seit 2009 erinnert eine Gedenktafel an der Straßenfassade der alten Universität, Kollegienstraße 10, an Carlo Caffas Wirken in Jena.

Prof. Dr. Rainer Schlösser