Objekt des Monats

Zauberschale

Zauberschale mit einer Beschwörung zum Schutz von Tieren und Stall (Foto Jessica Kaufmann,
Manfred Krebernik)

Herkunft: Nippur
Datierung: 3. - 7. Jh. n. Ch.
Material: gebrannter Ton, bemalt
Maße:  Dm 17,7 cm, H 8,0 cm
Erhaltungszustand: vollständig; mehrfach gebrochen
Schrift: hebräische Quadratschrift
Sprache: standard-literarisch-babylonisch-aramäisch
Textaufteilung: spiralförmig vom Gefäßboden bis zum Rand; ein einzelnes Wort auf Außenseite
Zeilenzahl: 10
Abbildung: in Bodenmitte Zeichnung eines am Hals und an Händen und Füßen mit Ketten gefesselten Dämons; Kreis auf Schalenrand
Klient(en): Ibay bar Mamay (yb y br m m y)
Inhalt: Beschwörung zum Schutz von Tieren und Stall, mit Vermerk für die Verwendung im Tiergehege
InvNr. HS 3005-4 Tf. 4

Zauberschalen sind in ihrem Inneren mit Beschwörungen gegen Dämonen beschriftete Keramikschalen, die zuweilen (wie hier) auch abgebildet sind. Die Zauberschalen wurden vom 3. bis zum 7. Jh. n. Ch. in Mesopotamien, das damals zum Parther- und Sassanidenreich gehörte, hergestellt und verwendet. Eine genaue Datierung ist in der Regel nicht möglich. Ihre Benutzer gehörten verschiedenen Religionsgemeinschaften an: Mandäern, Juden und Christen, die verschiedene aramäische Dialekte und Alphabete verwendeten. Generell macht sich mehr oder weniger stark der iranische Hintergrund bemerkbar, insbesondere bei den Personen- und Dämonennamen.

Die Texte beginnen zumeist in der inneren Mitte der Schale, setzen sich spiralförmig bis zum oberen Rand fort und können auch auf der äußeren Schale weitergeführt sein. In der Mitte der Schale – so auch auf dem hier abgebildeten Exemplar – finden sich häufig Darstellungen von Dämonen oder magischen Zeichen. Die Texte enthalten zumeist Beschwörungen von Dämonen und Geistern, denen man Krankheiten und menschliche Mißgeschicke zuschrieb. Aufgrund ihrer Texte waren die Zauberschalen eng verbunden mit Magie, Heilung, Medizin sowie Religion. Sie wurden häufig als Schutzmittel verwendet und zu diesem Zweck unter dem Fußboden vergraben.

Die hier abgebildete Zauberschale wird vom 23. September 2011 bis zum 5. Februar 2012 in der Ausstellung "WUNDER" in den Deichtorhallen, Hamburg der Öffentlichkeit präsentiert.

Sie gehört zur Hilprecht-Sammlung der Friedrich-Schiller-Universität, die eine größere Anzahl (siebzig Objekte und Fragmente) von heute etwa zweitausend bekannten Zauberschalen besitzt. Sie wurde von Christa Müller-Kessler wissenschaftlich ediert. Ihre Transliteration, die Übersetzung sowie der Kommentar finden sich in der von Manfred Krebernik herausgegebenen Reihe "Texte und Materialien der Hilprecht Collection", Bd. 5, Wiesbaden 2005.

Literatur:

Babylon - Mythos & Wahrheit : Eine Ausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin, des Musée du Louvre und der Reunion des Musées Nationaux, Paris und des British Museum, London; Pergamonmuseum, Museumsinsel Berlin, 26. Juni – 5. Oktober 2008.

Manfred Krebernik (Hg.), Texte und Materialien der Hilprecht Collection, Bd. 5, Wiesbaden 2005.

Prof. Dr. Manfred Krebernik