Objekt des Monats

Ältestes Herbarium thüringischer Pflanzen

Aus dem Herbarium Haussknecht (JE): Herbarium des Suhler Stadtphysikus Johann Friedrich Glaser (1707-1789), Drei Bände.

Nur wenige, in früheren Jahrhunderten angelegte Medizinalherbarien sind bis heute erhalten geblieben und für die historische Wissenschaftsforschung zugänglich. Ein solches, aus drei Bänden bestehendes Herbarium befindet sich in der Sammlung des Herbariums Haussknecht. Es wurde vom Suhler Stadtarzt Johann Friedrich Glaser (1707–1789) angelegt, drei Bände haben überdauert. Der erste Band des Herbariums stammt aus dem Jahre 1739 und ist mit Pflanzen aus dem medizinischen Garten der Universität Altdorf gefüllt, die Glaser 1726 und 1727 dort gesammelt hatte. Laut Glasers Vermerk im ersten Band verbrannte ein ursprünglich dazu gehörender zweiter Band 1753 während einem Stadtbrand in Suhl. Die beiden anderen Bände stammen aus den Jahren 1769 und 1770 und enthalten Pflanzen aus der Suhler Umgebung.

Auf einen Papierbogen sind, typisch für diese Zeit, mehrere Pflanzen verschiedener Arten mit Papierstreifen aufmontiert. Glaser ordnete seine Pflanzen nach der Blütezeit an, zum Teil notierte er neben den Pflanzennamen auch die Fundorte der jeweiligen Pflanze, was für jene Zeit eher unüblich war. Glasers Pflanzenbelege aus der Umgebung von Suhl zählen damit zu den ältesten Herbarbelegen thüringischer Pflanzen mit Fundortangaben. Auch wissenschaftshistorisch dokumentiert Glasers Herbarium eine bedeutsame Zeit: die Vereinheitlichung der Nomenklatur durch Carl von Linné in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Bis dato für die Pflanzen verwendete, aus bis zu 20 Wörtern bestehende, deskriptive Phrasen wurden von Linné durch ein Binom ersetzt, was die Kommunikation unter den Naturgelehrten erleichtern sollte.

Glasers Herbarium wurde 2010 bei Bauarbeiten in Suhl auf einem Dachboden eines alten Hauses gefunden und von dem Historiker und ehemaligen Direktor des Suhler Waffenmuseums J. W. A. Krämer an das Herbarium Haussknecht in Jena übergeben.

Eine Sonderausstellung mit dem Titel „Der Henker des Herzogs“, die ab Mai 2022 in der Totenhofkirche in Schmalkalden zu sehen ist, rückt nun Johann Friedrich Glaser mit ins Rampenlicht. Glaser wird virtuell die Lebensgeschichte seines Vaters, des Meininger Scharfrichters Johann Jeremias Glaser (1653–1724) erzählen. Zum Suhler Stadtphysikus Glaser gehört selbstverständlich auch dessen Herbar und so werden Fotoaufnahmen seiner erhalten gebliebenen drei Bände in Schmalkalden zu sehen sein. https://www.museumwilhelmsburg.de/

Kristin Victor

Aus dem Herbarium Haussknecht (JE):
Herbarium des Suhler Stadtphysikus Johann Friedrich Glaser (1707-1789)
3 Bände: (i) 1739, Maße: (Höhe x Breite x Dicke): 35 x 22 x 14 cm
(ii) 1769, Maße: (Höhe x Breite x Dicke): 35 x 22 x 11 cm
(iii) 1770, Maße: (Höhe x Breite x Dicke):35 x 22 x 14 cm
Inventarnr. Glaser 1739