Objekt des Monats

Politische Erinnerungsgabe zum Jubelfest

Aus der Kustodie
James Marshall (1838-1902): Jubiläumsbild (Senatsbild) von 1858

Die Gesichtszüge von acht stattlichen Herren in Talaren bringt ein imposantes Gemälde zusammen, das gewöhnlich jedem in einem Gang des Hauptgebäudes der Friedrich-Schiller-Universität zugänglich ist. Auf der bemerkenswert großen Bildfläche stellte der Weimarer Maler James Marshall die akademischen Würdenträger, also den Prorektor, den Kurator, die Dekane sowie die zwei Pedelle, des Wintersemesters 1858/59 nebeneinander. Die Figuren befinden sich im damals neu erbauten Bibliotheksgebäude und rechts zwischen ihnen bietet sich ein Blick auf den alten Pulverturm dar.

Während der Amtszeit dieser acht Herren fanden in den Räumen der Bibliothek repräsentative Veranstaltungen statt, die zur Feier des Jubeljahres 1858 abgehalten wurden. Zahlreiche Stifter erwiesen der Salana zu diesem Anlass ihre Ehre. Auch das Gemälde selbst gehört zu jenen Geschenken, die zur Feier der Universität und ihres 300-jährigen Jubiläums gestiftet wurden. Es verweist zwar auf diese Feierlichkeiten, wurde jedoch erst zwei Jahre nach ihnen fertiggestellt und an die Universität übergeben. Die Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach selbst, Förderin der Universität, hatte es gestiftet. Der Prominenz entsprechend erging 1861 im Senat der Beschluss, das Gemälde an die südliche Wand in der Aula im Collegium Jenense hängen zu lassen.
Entsprechend der Stifterin zeichnet sich durch das Fenster unterhalb des Pulverturms in den weimarischen Landesfarben eine schwarz-grün-gelbe Fahne ab - nur eines mehrerer politischer Symbole in diesem Gruppenbildnis. Denn auch die schwarz-rot-goldene Fahne darüber weist nicht nur auf die Jenaer Urburschenschaft und das Wartburgfest 1817, sondern im Jubiläumsgemälde auch als politisches Statement auf die drei damals zerstrittenen Jenaer Burschenschaften. Schließlich repräsentiert dieses Bild das Machtgefüge der akademischen Korporation, indem es nicht nur ihre Repräsentanten, sondern auch ihre Insignien verdichtet: die Universitätszepter als Ausweis der Gerichtsbarkeit in den Händen der Pedelle sowie den goldenen Rektorring und die auch zum Jubiläum 1858 gestiftete Rektorenkette, auf dem Tisch das kaiserliche Privileg von 1557. Was die Großherzogin stiftete, zeigt daher als Gruppenbildnis die Portraits jener acht Herren, erinnert daneben aber ebenso nachdrücklich an das politische Gefüge seiner Zeit und darüber hinaus an die ernestinische Gründungsgeschichte der Universität.

Nun hängt das großformatige Gemälde zwar seit längerer Zeit nicht mehr im Collegium Jenense, momentan aber auch nicht im Hauptgebäude am Fürstengraben. Stattdessen lässt es sich derzeit in der Thüringer Landesausstellung Die Ernestiner. Eine Dynastie prägt Europa noch bis zum 28. August 2016 in Weimar als Bestandteil der politischen Geschicke eines Herrscherhauses betrachten.

James Marshall (1838-1902)
Jubiläumsbild (Senatsbild) von 1858
sign. und dat. 1860
Öl auf Leinwand, 210 x 270 cm
Inv.Nr. M 96
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Kustodie.

Hannes Wietschel