Objekt des Monats

Philosoph in Metall

Aus der Kustodie: Porträtkopf Karl Marx, zwischen 1953 und 1959

Die offizielle Porträtpolitik der DDR begann an der Universität Jena bald nach der Wiedereröffnung der Hochschule im Herbst 1945. Insbesondere von Karl Marx, der im Jahr 1841 in absentia an der Salana promoviert wurde, sind zahlreiche Bildnisse überliefert, davon auch einige in rundplastischer Gestalt. Nicht zuletzt der Materialknappheit in den ersten Jahren nach Kriegsende war es geschuldet, dass die Mehrzahl dieser Plastiken aus Gips bestehen und nur durch eine farbige Fassung den Anschein von Bronze und damit einer besonderen Wertigkeit erzeugen. Wenige Porträtplastiken sind aus Metall wie der hier gezeigte Kopf. Das etwas über lebensgroße Bildnis endet knapp unter dem Kinn bis zum Halsansatz, so dass der Kopf über der kleinen Holzplinthe zu schweben scheint. In der aufgeworfenen Oberfläche zeigen sich deutlich die Bearbeitungsspuren, die der heute unbekannte Bildhauer im Tonmodell hinterlassen hat und wodurch die Porträtplastik eine gewisse Bewegtheit erhält. Bart und Haupthaar von Marx sind dominant ausgeführt; die Stirnpartie tritt markant hervor. Dennoch folgt die qualitätvolle Darstellung nur bedingt der typischen Ikonografie des älteren Philosophen, entspricht doch der weiche Ausdruck um Mund- und Augenpartei nicht dem gängigen Bild vom strengen, kämpferischen Arbeiterführer, wie es vor allem in den Monumentalplastiken transportiert wird.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Plastik im Kontext des Karl-Marx-Jahres 1953 an die Universität gekommen ist. Etwas später, im Jahr 1959, ist sie in einer Fotografie als Exponat zu den Feierlichkeiten des 10jährigen Bestehens der Arbeiter- und Bauernfakultät zu sehen.

Aus der Kustodie
Unbekannt: Porträtkopf Karl Marx, zwischen 1953 und 1959,
Messing, H. 49,9 cm.
InvNr. 2011/18.

Aus dem Depot der Kustodie geht der Karl-Marx-Kopf als Exponat in die Bayrische Landesausstellung 2021 Götterdämmerung II – Die letzten Monarchen, wo er vom 23. Juni 2021 bis 16. Januar 2022 im Haus der Bayrischen Geschichte in Regensburg zu sehen sein wird.

Dr. Babett Forster