Objekt des Monats

Denkmal des Juristen Feuerbach

Karl-Heinz Appelt: Porträtbüste Paul Johann Anselm Feuerbach, 1983
Via triumphalis, Fürstengraben 
(Foto: Kustodie/Uni Jena) 

Paul Johann Anselm Feuerbach wird als Wegbereiter des modernen Strafrechts in Jenas klassischer Zeit von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät jährlich in der zweiten Novemberwoche geehrt. In einer Festveranstaltung der Universität werden die Urkunden an die Promovierten und Habilitierten übergeben.

Vor über zweihundert Jahren ging der Brief eines Jenaer Studenten an seinen Jugendfreund nach Frankfurt am Main:

„Was in aller Welt fängst Du mir für Sachen an? Meine Kleider schickst Du mir, die mir fast gar nichts nützen können, … und meine Bücher, welche ich so notwendig brauche, schickst Du mir nicht, … .

Ich … soll meine Antrittsrede halten de philosophia Ciceronis und habe kein einziges philosophisches Buch, … Ich bin ganz in Verzweiflung! ...“

[Der größere Teil des pathetischen Briefes rührt aus der Verzweiflung über das Schweigen einer jungen Frau namens Marianne.]

„Doch wenn ich nicht bald Briefe von ihr, nicht Beweis ihrer Liebe erhalte, dann, Freund, dann sage ich Dir zum voraus das Lebewohl; dann bin ich nicht mehr, dann soll mein Blut eben den Platz benetzen...“ [Brief P. J. A. Feuerbach aus Jena an einen Jugendfreund in Frankfurt vom 13. November 1792. In: Ludwig Feuerbach, Gesammelte Werke, Hrsg. Werner Schuffenhauer, Band 12: Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbachs Leben und Wirken, 2. Aufl. Berlin 1989, S. 21/22.]

Der junge Mann, der nicht ohne theatralischen Zug diese Zeilen am Vorabend seines 17. Geburtstags aus dem thüringischen Städtchen Jena nach Frankfurt am Main auf den Weg brachte, nahm sich nicht das Leben. Er sollte später zu den bedeutendsten Rechtsgelehrten Deutschlands zählen. Vor allem sein Mitwirken an der Gesetzgebung des bayerischen Königreiches, als Schöpfer des Bayerischen Strafgesetzbuchs von 1813 ließen ihn als „Kriminalist ein Stern erster Größe am deutschen Juristenhimmel“ [Gustav Radbruch] charakterisieren.

Paul Johann Anselm Feuerbach gehört zu den herausragenden Rechtsgelehrten der Neuzeit, die – aufbauend auf der Kantischen Philosophie – die Freiheit aller Bürger rechtsphilosophisch wie rechtsdogmatisch in ein System zu bringen versuchten.

Er verfolgte insbesondere den Gedanken einer Trennung von Recht und Sittlichkeit sowie eine Straftheorie, wonach es Zweck des Staates sei, die wechselseitige Freiheit aller Bürger durch Androhung und gegebenenfalls auch Einsatz physischen Zwangs zur Verhinderung rechtswidriger Handlungen zu sichern. Feste Strafandrohungen und enger Strafrahmen, wobei nicht nach der konkreten Täterpersönlichkeit zu differenzieren ist. Damit wandte sich Feuerbach gegen die gängigen Strafrechtsauffassungen seiner Zeit.

In diesem Sinne fasste er die bereits aus der Antike überlieferten Sätze „nulla poena sine crimine“ und „nullum crimen sine poena legali“ Anfang des 18. Jahrhunderts in seinem hier in Jena entstandenen Lehrbuch zusammen und begründete damit die Grundlagen des modernen Strafrechts. Diese drei Prinzipien machten ihn mit berühmt:

  • „Jede Zufügung einer Strafe setzt ein Strafgesetz voraus.
  • Die Zufügung einer Strafe ist bedingt durch die Existenz der bedrohten Handlung.
  • Das gesetzlich bedrohte Factum (die gesetzliche Voraussetzung) ist bedingt durch die gesetzliche Strafe“

[Feuerbach, Paul Johann Anselm, Lehrbuch des gemeinen peinlichen Rechts, Gießen 1801, S. 20]

Von Jena aus publizierte er auch seine „psychologische Zwangstheorie“, die maßgeblich zu seinem nachhaltigen Ruhm in der Strafrechtswissenschaft – wenn auch strittig und kritisch bewertet – beitrug. Mit dieser Theorie forderte er solche Strafdrohungen, die jedweden potentiellen Straftäter von der Tat abschrecken und auf diese Weise die Sicherheit aller Bürger durch den Staat garantieren sollten.

Feuerbachs Geburtsort liegt in der Nähe seiner späteren Studienstadt: im kleinen Dorf Hainichen bei Jena, wo seine ledige Mutter ihn am 14. November 1775 zur Welt brachte. Aufgewachsen in Frankfurt am Main, kehrte er 1792 zum Studium nach Jena zurück – zunächst der Philosophie, dann der Jurisprudenz.

1800 bis 1801 war er Professor an der hiesigen alma mater und Beisitzer des im Alten Reich geachteten Jenaer Schöppenstuhls.

Im Frühjahr 1801 erhielt er einen Ruf als Rechtsprofessor in Kiel, wo er bis 1805 wirkte.

Nach Stationen in der Gerichtspraxis wurde er 1808 Mitglied des Geheimen Rats der bayerischen Regierung und als solcher auch Schöpfer des Bayerischen Strafgesetzbuchs.

Berühmt wurde er durch das Aufzeichnen der spannenden Geschichte eines Findelkindes, das unter dem Namen Kasper Hauser bis heute Rätsel um seine Herkunft aufgibt und mehrfach literarisch und filmisch bearbeitet wurde.

Feuerbach verstarb am 29. März 1833 in Frankfurt am Main.

Prof. Dr. Lingelbach